Nachrichten

Glockenweihe

Predigt zur Glockenweihe in Limburg
Hoher Dom St. Georg – 20. Oktober 2019
29. Sonntag im Jahreskreis (C)
Texte: Ex 17 – 2 Tim 3 – Lk 18,1-8

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Eine Glocke für Katharina. Seit Wochen schon weckt sie hier im Dom die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher und animiert da­zu, ihr einen Ton zu entlocken. Glocken haben etwas Faszinierendes. Meistens sind sie ja unsichtbar, versteckt in den Türmen unserer Kir­chen. Von dort erklingen sie, um die Zeit anzusagen, die Menschen zum Gottesdienst zu rufen und den Stimmungen und Gefühlen in verschie­denen Lebenslagen Ausdruck zu verleihen. Heute nun bekommen die Glocken im Südturm unseres Domes ein „Schwesterchen“. Die kleinste unter ihnen mit dem hohen Ton C wird geweiht und bald dem Klang des Festgeläutes eine Krone aufsetzen. Ich danke all denen von Herzen, die dieses Projekt initiiert und ausgeführt haben: zuallererst der Stifter­familie für ihre Großzügigkeit, dem Domkapitel für die Bereitschaft und die Bereitstellung der Infrastruktur, dem Pfarrgemeinderat der Dom­pfarrei und einzelnen Personen für die hoch engagierte Begleitung und den Glockengießern für ihre Sorgfalt und handwerkliche Kunst.

Eine Glocke für Katharina. Ein Jahr nach der Heiligsprechung der Or­densgründerin der Armen Dienstmägde Jesu Christi bekommt die neue Heilige unseres Bistums hier im Dom an prominenter Stelle Platz und Stimme. Wie oft mag Mutter Katharina Kasper hier im Dom verweilt und gebetet haben, wenn sie in Limburg im Blick auf ihre Gründung Gespräche mit dem Bischof und den Zuständigen im Ordinariat geführt hat? Wie berichtet wird, konnte sie dabei durchaus so hartnäckig sein wie die Witwe im heutigen Evangelium. Wie oft mag sie hier Kraft ge­sammelt haben im Angesicht Gottes und vor den Bildern der Gottes­mutter und der heiligen Georg und Nikolaus? Und sicher hat sie hier auch ihr Herz ausgeschüttet, dem Herrn ihre Sorgen und Nöte anver­traut; ihm Dank gesagt für das überraschende Wachstum der Schwes­terngemeinschaft und ihrer Aufgaben? Und gesungen hat sie ganz ge­wiss, wenn sie hier die Heilige Messe mitgefeiert hat.

Bald klingt ihre Stimme wieder, und das ist gut so. Denn die Heiligen der Kirche sind ja nicht irgendwo abgestellt auf hohen Podesten weit weg von uns und unserem Ringen. Sie mischen sich ein und sie reden mit, um uns zu unterstützen in den Herausforderungen unserer Kirchen­stunde. Vorbild und Fürsprecherin ist die Heilige Katharina für mich. Und wenn ich ehrlich bin, dann hat das Zweite größeres Gewicht. Das, was sie geleistet und aufgebaut hat vor 150 Jahren, das war einzigartig und zeitbedingt. Doch zeitlos ist ihr geistliches Charisma, das nach ih­ren eigenen Worten ja vor allem darin liegt, dass sie ganz fest mit dem Wirken des Heiligen Geistes rechnete und mit seiner Hilfe nach dem Willen Gottes für sich und für die Gemeinschaft fragte. Wir können nicht einfach kopieren und nachahmen, was sie in ihrer Zeit gewirkt hat. Aber die Art und Weise, wie sie neue Wege, neue Ideen, ihr neues Werk geformt hat, die gilt auch heute. Bewegt von Gottes Geist wollen wir den Blick nach vorne richten, uns nicht binden und hemmen lassen von dem, was hinter uns liegt, sondern uns faszinieren lassen von Chris­tus, dem Herrn, der immer von vorne auf uns zukommt.

Das hohe C für die Heilige Katharina. Besser hätte es nicht kommen können. Es ist der achte Ton, nachdem die ganze Tonleiter schon er­klommen ist. Signal für einen neuen Anfang, den Gott setzt. Da beginnt etwas. Da kommt etwas, was nicht mehr einfach so zu erwarten war. Da hat Gottes Heiliger Geist wunderbar gewirkt. So hat Gott unserer Kir­che die Heilige Katharina Kasper geschenkt, als einen guten neuen Start christlichen Glaubenszeugnisses in dunkler schwerer Zeit. Das hohe C, der achte Ton, erinnert an den achten Tag. Sonntag, Ostern, der Tag der Auferstehung ist der Tag des Neuanfangs, der dem Himmel und der Er­de neuen Glanz verleiht. Etwas davon hat Katharina Kasper der Kirche geschenkt. Und als I-Tüpfelchen unseres Domgeläutes ist das hohe C vielleicht auch Anklang dessen, was erst noch kommt, wenn das ganze Werk unseres Lebens hier auf der Erde getan ist. Wenn alle Töne unse­rer Zeit und Lebensspanne angeklungen sind, dann kommt noch etwas: Das Beste kommt erst noch, wenn Gott unserer Lebenszeit die Krone aufsetzt mit seiner Ewigkeit. In der Katharinen-Glocke klingt die Ewig­keit schon an, der Himmel hier auf Erden.

Wir können das hohe C auch gut „ausbuchstabieren“ und finden dabei wesentliche Merkmale der Heiligen Katharina Kasper: C – wie Com­munio. Gemeinschaft war ihr Leben. C – wie Caritas. Der Dienst an den Armen, den Kranken, den Kindern und jungen Menschen war ihre Sen­dung. C – wie Charisma. Immerzu hören auf den Geist und darauf ver­trauen, dass er spricht.

Die Schwingungen einer Glocke lassen nie nur einen Ton erklingen, da gibt es eine ganze Reihe von Ober- und Untertönen. So wird die Glocke zum Symbol für Katharinas Leben insgesamt: Wer wirklich im Ein­klang mit sich selber lebt, der ist auch in Harmonie mit den anderen. Es ist ja schon verwunderlich, dass sie offenbar die Schwesterngemein­schaft mit so viel Geradlinigkeit, Feingefühl und Verständnis für die Mitschwestern geführt hat, dass sie immer wieder zur Generaloberin gewählt wurde bis zum Ende ihres Lebens. Offenbar verstand sie die Kunst, aus den Geschichten ihrer Mitschwestern die Ober- und Untertö­ne herauszuhören, die wichtig waren, um jede einzelne zu verstehen und um angemessen für sie zu sorgen. Sie selbst verfügte dabei über eine er­staunliche Klarheit. Was so deutlich nach außen dringt, das zeugt von innerem Einklang mit sich selbst und dem Schöpfer.

Und schließlich ist die neue Katharina-Glocke wie jede andere Glocke Sinnbild für den Menschen vor Gott, Zeichen für das, was wir sind und was wir werden können:  In irdener Form gehalten und mit edlem Stoff ausgefüllt, so formt Gott uns als seine Geschöpfe. Glückt der Guss, klingen wir wunderbar.

Heilige Katharina Kasper, bitte für uns!

(Bischof Dr. Georg Bätzing)